Der erste (halbe) Tag liegt hinter mir. Die Aufregung war immer wieder deutlich zu spüren: Wir mich jemand aufnehmen und mir einen Schlafplatz zu Verfügung stellen? Eine fremde Frau, die mit einem großen Rucksack plötzlich da steht? Ich bin mir ja selbst nicht mal sicher, wie ich reagieren würde. Vermutlich wäre ich irritiert, fänd es vielleicht dreist oder eine Zumutung. Und trotzdem setze ich andere genau dieser Erfahrung aus, weil ich schauen will, was passiert – mit den anderen und natürlich besonders mit mir selbst.
Gewandert und gepilgert bin ich schon oft. Das Laufen macht mir keine Angst, auch wenn ich heute schon auf den ersten Kilometern gespürt habe, wie die 12 Kilo auf meine Knie drücken. Ich bin nicht im Training und ich hoffe, mein Körper macht die Woche gut mit.
Die ersten Kilometer sind heute in bekanntem Gebiet gewesen. Immer wieder habe ich Wege gekreuzt, die ich schon gegangen bin. Der Konfirmationsgottesdienst passte thematisch auch zu meiner Situation: Ich weiß nicht, was kommt, aber Gott geht mit mir. Und beim Abendmahl kam plötzlich unser Trauspruch: „Siehe, das Himmelreich ist mitten unter Euch.“ Ich werde es auf meinen Wegen suchen.
Als ich in Breitenbach war, war meine Stimmung getrübt. Kaum jemand war auf der Straße, die, die ich traf, wirkten abweisend, so dass ich nicht mehr als einen kurzen Gruß über die Lippen brachte. Es war kalt und grau, immer wieder kamen ein paar Regentropfen. Schon um am Nachmittag schien es, als würde die Sonne bald untergehen. Ich hatte mir Elmshagen als Ziel auserkoren, weil es dort keinen Gasthof oder Hotel gibt. Die ersten, die ich ansprach, gaben mir Tipps, wo ich fragen sollte. Einer schicke mich zum nächsten, andere machten mir gar keine Hoffnung auf eine Gartenhütte, einen Vereinsraum oder eine Waschküche. In die Feuerwehr dürfe im Moment niemand, der Bürgermeister habe es wegen Corona untersagt.
Ich war schon etwas frustiert, da kam ich in die Nähe des kleinen Kirchleins. „Wenn ich schon hier bin, schaue ich mal, ob offen ist.“ Damit gerechnet hatte ich nicht (leider sind evanglische Kirchen immer noch oft geschlossen). An der Türklinke hörte ich Stimmen. Drinne wurde gebetet. Zum Vaterunser ging ich rein und sang das letzte Lied noch mit. Nach dem Segen nahm ich meinen Mut zusammen und trug mein Anliegen vor. Verwirrte Blicke. Ein paar Wortwechsel später erklärte sich eine Frau aus dem Kirchenvorstand bereit, mir ihre Einliegerwohnung für diese Nacht zur Verfügung zu stellen. Wie wunderbar! Ich habe ein richtiges Bett, ein Bad, ich kann Tee kochen und das WLAN darf ich auch benutzen. Was für ein Geschenk!